Donnerstag, 02.06.2016
Die Jungs sind echte Langschläfer. Um 7 wollten Ciaran und Tom zum Mechaniker, aber bis sie aufstanden war es 10. Welshy und ich gingen zum Frühstücken und die anderen beiden brauchten ewig. Bevor wir los konnten, mussten wir noch Athena aufgabeln, die in einem anderen Hotel war. Dieses fanden wir ewig nicht und dann war sie auch noch mitten am frühstücken. Bis wir rausfanden, wie wir die Backpacks und Athena verstauen können, war es schon nach 1.
Athena wollte noch schnell ihre Klamotten abholen die sie auf dem Markt schneidern hatte lassen. Das ist hier nämlich sehr günstig. Erst hieß es wir müssten eine halbe Stunde warten. Ständig gab es neue Anpassungen an ihren Kleidern und wir saßen in der Hitze und warteten. Da war natürlich keiner begeistert, zumal wir ja alle los wollten. Irgendwann brachten uns die Schneider Bier, dass das Warten nicht so lang ist. Ich wurde immer ungeduldiger, zumal ich ja sowieso nur noch wenige Tage in Vietnam habe. Nach über zweieinhalb Stunden konnten wir endlich aus Hoi an los und da war es bereits halb 4.
Athena wollte ihren kleinen Rucksack nicht auf dem Rücken tragen und stopfte ihn unter meine Spanngurte. Davon war ich nicht begeistert und stabil sah das auch nicht aus. Ich überholte gerade Tom und Athena, weil ich das Navi an hatte und bei voller Geschwindigkeit fiel der Rucksack raus. Mein Bike kam ins Schlingern und ich hatte sehr große Mühe es aufzufangen. Zum Glück fing ich es und es passierte nichts. Der Rucksack sah nicht mehr ganz fit aus und mir tat es leid. Aber ich hatte sie gewarnt…
Die Fahrt führte uns über den berühmt, berüchtigten Highway 1. Wie bereits erwähnt rät jeder davon ab dort zu fahren, weil es viel zu gefährlich ist. Ich hörte schon von unzähligen Backpackern, dass sie dort Unfälle hatten die teilweise echt heftig waren und mit langen Krankenhausaufenthalten verbunden. Die Entscheidung diesen Highway zu nehmen, bereute ich mit jedem Meter mehr. Es war die Hölle los und man muss immer 100% bei Konzentration sein. Mittlerweile bin ich immer mehr der Überzeugung, dass vor allem die Busfahrer Provision bekommen, wenn sie Zweiradfahrer umbringen. Die fahren auf der Gegenfahrbahn um zu überholen und denen ist es völlig egal, was da kommt. Sehr oft entkamen wir einem Zusammenstoß nur durch sehr schnelles Ausweichen auf den Standstreifen. Man hat nicht mal Zeit zu gucken, ob da jemand neben einem ist. Sehr viele Vietnamesen fahren nur auf dem Standstreifen. Wir fuhren außerdem schnell wie die Irren und kamen irgendwie trotzdem nicht voran. Aber was man hier unter schnell versteht ist Zuhause mit meinem Motorrad doppelt so schnell. Irgendwann blieb Ciaran stehen. Sein Motorrad wollte einfach nicht mehr anspringen. Wir eskortierten ihn auf dem Standstreifen und er joggte wie ein Irrer mit seinem Motorrad. Das ist nun wieder ein großer Vorteil vom Highway. Auf dem Ho Chi Minh Trail gibt es nämlich hunderte Kilometer nichts und hier findet man alle paar Meter Tankstellen, Mechaniker und Restaurants. Ein Rollerfahrer schob Ciaran mit den Füßen an. Nach nur einem halben Kilometer fanden wir eine Werkstatt und eine halbe Stunde später war das Problem behoben.
Ich hatte von Anfang an gesagt, dass ich nicht im Dunkeln fahren will, weil ich da absolut nichts sehe und das Zuhause schon nicht mache. Leider wird es hier um 6 schon dunkel und die anderen wollten weiter fahren. Das war für mich das Schlimmste überhaupt. Das Einzige was ich sah, waren die Scheinwerfer der LKWs und Busse die auf unserer Spur entgegen kamen. Meine Augen brannten vor Anstrengung und ich überlegte mir ernsthaft, ob ich stehenbleiben und auf dem Highway schlafen sollte. Tom sagte ich solle hinter ihm fahren, weil er rechtzeitig bremst und er ein Rücklicht hat. Leider waren sie aber schneller als ich und Welshy und wir verloren die anderen schon bald. Mein Rücklicht funktionierte nicht, obwohl ich es noch einen Tag davor richten habe lassen. Trotzdem fuhr Welshy vor und ich hinterher. Hoffentlich sehen mich die hinter mir, denn auf dem Highway gab es absolut keine Beleuchtung. In meinen Gedanken befürchtete ich schon, nicht in einem Stück ans Ziel zu kommen. Ich weiß nun warum jeder sagt, dass man ja nicht und unter keinen Umständen den Highway 1 fahren soll und man sich umbringt, wenn man da bei Nacht fährt. Man kann es sich einfach nicht vorstellen wie das dort ist, wenn man noch nie dort war. Die Fahrer sind alle lebensmüde. Sehr viele Truckdriver in Vietnam sind zudem drogenabhängig und das merkt man deutlich. Ich frage mich nur immer, ob denen ihr Leben nichts Wert ist. Was mir sehr half: Ich beschimpfte einfach die Fahrer die mich abdängen wollten lauthals. In Englisch und in Deutsch und da waren Wörter dabei die ich hier niemals aufschreiben wollte. Danach fühlte ich mich besser und das war eine gute Idee.
Wir merkten, dass es unmöglich war bis zu unserem Tagesziel zu fahren. So stoppten wir in Quang Ngai und aßen etwas, bzw. Welshy aß etwas. Hier in dieser nicht-Touristenstadt ist es unmöglich was vegetarisches zu finden.
Ich weiß, warum Bernie nicht zu viert reisen wollte, denn es ist sehr anstrengend. Die anderen drei haben keine vietnamesische Simkarte und somit auch kein Internet. Das macht das ganze noch schlimmer. So muss man immer warten bis jemand WLAN findet um sich zu treffen nachdem man sich verloren hat und das nervt. Keiner der anderen meldete sich und wir trafen eine super nette vietnamesische Frau die Hochschwanger war. Sie zahlte sogar Welshys Essen und versprach uns zu einem günstigen Motel zu bringen. Sie fuhr mit dem Roller vorne draus und zeigte uns unseren Schlafplatz. Der Motelbesitzer konnte kein Wort Englisch und zum Glück konnte unsere neue Freundin Englisch. Sie buchte uns zwei Doppelzimmer und managte alles für uns. Ihr war es unangenehm zu sagen und sie flüsterte, dass die Jungs und Mädels in separaten Zimmern schlafen müssen, weil keine von uns verheiratet ist. Wir hatten sowieso ein Mädels und ein Jungszimmer geplant, aber es war echt witzig. Andere Länder, andere Sitten…
Wider erwarten hatten wir den Highwaytrip im Dunkeln also unbeschadet überstanden und meine Erleichterung war unbeschreiblich. Mit den Nerven war ich am Ende und wollte nur noch ins Bett.
Die anderen brauchten ewig um den Weg zu uns zu finden und wir mussten lange auf sie warten. Ich war nicht in der Stimmung, aber die anderen gingen noch weg.
Nach ein paar Minuten bekam ich einen Anruf von Athena die sagte ich solle schnell kommen. Weil ich dachte es sei was passiert, lief ich schnell los, aber wusste nicht in welche Richtung. Als ich aus dem Motel kam, hörte ich schon wo ich hin muss. Ich folgte nur den Stimmen. Meine Travelmates saßen dort nämlich mit einigen Vietnamesen zusammen und sangen Karaoke. Das war total schief, aber super lustig. Es gab sehr viele englische Songs zur Auswahl und man musste über das Handy der Vietnamesen ein Lied wählen. Natürlich war ich auch dabei und es wechselten sich vietnamesische Lieder mit Englischen. Außerdem stellten die Vietnamesen uns eine Kiste Bier hin und das alles kostenlos. Alle paar Minuten stießen sie mit uns an und animierten uns mehr zu trinken. Es war richtig lustig und eine Erfahrung die einmalig ist. Natürlich konnte keiner ein Wort Englisch, aber wir verstanden uns auch ohne Worte. Wir verabschiedeten uns super nett und schüttelten kräftig Hände.
Danach gingen wir in ein vietnamesisches Straßenrestaurant und stießen nochmal an. Meine neuen Travelmates sind auch sehr cool und wir hatten super lustige Gespräche. Es war spät als wir ins Motel zurück kamen und leider trafen wir keinen mehr an. Auch das Tor war verschlossen. Eine Weile mussten wir klopfen bis der Mann uns endlich öffnete.
Wir waren alle super müde auch vom Fahren und schliefen sofort ein.
Liebe Grüße vom gefährlichen Highway
Nadine