Lonesome Cow

(Überschrift von Stefan)

Sonntag, 20.09.2015

Eine Stunde bevor mein Wecker klingelte, weckte mich das sanfte Geräusch eines Quads direkt neben meinen Ohren. Ich suchte vergeblich nach Oma neben mir und stellte fest, dass es kein Traum war und sie wirklich gegangen waren.
Meine Kollegin Daryn fütterte schon die Pferde und da Brissie in der Futterkammer stand, raffte ich mich auf fuhr ich sie sehr verschlafen dort raus.
Der Tag begann nicht so gut. Keine Oma die Frühstück machte, statt Kaffee am Bett gabs Nutellabrot allein im alten Container 😦
Die beiden Mädels auch aus Deutschland die seit 4 Tagen hier arbeiten hatten heute frei und durften ausschlafen.
Ich wusste, dass ich zurück in der Realität war, als ich mit Gummistiefeln im ersten matschigen Pferdepaddock stand und den Mist einsammelte. Tja, das Leben ist kein Ponyhof und sogar in Australien muss man arbeiten um sich seine Brötchen, äh Nutellabrot zu verdienen…
Die Gummistiefel waren viel zu groß, da ich sie von meinem Chef ausgeliehen hatte. Meine hatten während meines Urlaubs Füße bekommen und standen im Regen. So nass konnte ich die nicht anziehen.
Viel zu früh wollte mein Chef reiten und brachte mein ganzes Konzept durcheinander. Die Paddocks waren noch nicht mal fertig und die Misteimer noch nicht auf dem Misthaufen, als ich das erste Pferd sattelte. Daryn brachte so lange die restlichen Pferde nacheinander auf das Laufband. So ging das den ganzen Morgen und ich sattelte und trenste fleißig, während Daryn das Laufband machte. Zu allem Übel sprang mir auch noch ein Pferd auf den Fuß.
Erst spät war ich fertig und Daryn ging schon früher (sie hatte auch früher angefangen), duschte und packte. Die beiden anderen Mädels die eigentlich frei hatten, wollten die Misteimer auf die Miste bringen. Als das Quad nicht mehr ansprang, ahnten wir böses. Leider stellte sich heraus, dass es kaputt war und am nächsten Tag zur Reparatur gebracht werden musste. Ohne dieses tolle Transportmittel geht hier nix. Kein Füttern, kein Mist wegbringen, einfach nix !
Ich freute mich, dass ich endlich Pause hatte und auf was zu Essen, weil ich hungrig ohne Ende war. Andrew sagte mir, dass ich Daryn zum Zug fahren sollte, weil er keine Lust hatte. Fand ich in meiner Pause natürlich nicht so cool, aber war ja für einen guten Zweck.
Dann fuhr ich sie also mit knurrendem Magen ins 40 km entfernte Windsor, weil sie planmäßig die Farm verließ um weiter zu ziehen. Der Weg dort hin ist zäh wie Kaugummi und scheint immer unendlich. Daryn war spät dran und wollte, dass ich schnell fahre um Zeit rein zu holen. Das sah ich nicht ein, da ich ja schon mal Strafe zahlen musste. Gut, dass ich es nicht gemacht hatte, weil schon die Polizei da stand und laserte. Dann kam noch hinzu, dass ich mit Andrews Ute fuhr und dieser mit Schaltung ist. Da ich seit Ewigkeiten kein Schaltauto mehr gefahren bin, war ich ein bisschen überfordert und der Ute tat mir leid, weil ich nie den doofen 4. Gang gefunden hab.
Als ich wieder zurück kam, erzählten mir die anderen Mädels, dass sie heute noch abhauen wollen. Sie baten mich innig darum, sie zum Zug zu fahren. Da ich weiß, dass es ohne Auto nicht möglich ist nach Windsor zu kommen, ließ ich mich erweichen. Ich war zwar überhaupt und gar nicht begeistert, aber wollte die beiden netten Mädels auch nicht hängen lassen. Zumal mein Chef nichts davon wusste und sie nur einen Zettel schrieben. Gemeinsam zu dritt fütterten wir noch. Das war ein richtiger Scheiß, weil wir nur den dummen, kleinen, langsamen Traktor hatten. Zu Fuß nebenher ist man eindeutig schneller, aber irgendwie muss man das Futter transportieren. Die einzelnen Wege haben wir mit einer großen Schubkarre gemacht und den Traktor stehen lassen. Sonst wären wir nie fertig geworden. Die große Fohlenweide machte zum Glück Andrew mit dem großen Traktor.
Dann ging’s wieder auf die gleiche Strecke und ich musste mich schweren Herzens von den Mädels verabschieden. Ganz plötzlich war ich wieder allein.
Bei der Rückfahrt zur Farm hatte ich ein sehr doofes Gefühl im Magen. Erstens bin ich die ganze Strecke durch den Wald mit 50 km/h gefahren, weil es dort sehr oft Kängurus hat. Dann war ich nicht so begeistert, dass ich die ganze Arbeit allein machen darf, weil das fast unmöglich ist. Ich wusste auch, dass mein Chef am nächsten Tag frei hat und das nicht einfach wird. Die Mädels wussten das auch und deswegen war es ein ungünstiger Zeitpunkt zu gehen. Ich konnte sie aber auch gut verstehen. Außerdem kam ich mir wieder sehr einsam vor, weil ich jetzt niemanden mehr hatte und ja gerade erst von Papa und Oma „verlassen“ wurde. So wurden aus 4 Mädels an einem Tag eine.
Ich hatte Zeit zum Nachdenken und hätte es besser gefunden nicht mehr allein frühstücken zu müssen.
Ziemlich verzweifelt und niedergeschlagen kam ich auf der Farm an und mein Chef war noch draußen. Ich redete eine Weile mit ihm und er fand es höchst seltsam, dass die Mädels nur einen Zettel geschrieben haben, aber war nicht sauer. Er war froh, dass ich nicht auch noch gegangen bin. Eine Weile quatschten wir und dann ging ich ins Bett. Dort skype ich mit der Family und Oma und Papa waren gerade angekommen und verteilten in Live-Übertragung die Souvenirs.

Einsame, verlassene Grüße
Nadine

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